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 Leseproben • Gedichte   
 
KEIMEN 
für Hans-Georg Anniés     
sich bahn brechen 
gegen widerstand 
selbst widerstehen 
dem 
was verhärtet erstarrt ist 
widerstehen und so 
durchbrechen das 
was gesetzt ist 
ein für alle mal eingrenzt 
überwinden und wachsen 
und so den raum erreichen 
den möglichen 
der entfaltung gewährt 
was verkrümmung nicht riskiert 
erreicht nie diesen raum 
was unberührt bleiben will 
schuldlos  
was sich bewahren will 
was den umweg scheut und verachtet 
wird bevor es aufkeimt verkümmern 
wird nie in bewegung geraten 
wird nie bewegen 
was sich nicht reibt 
das verkommt 
wachsen im widerstehen 
wachstum beanspruchen 
leben 
leben wollen und können 
und das schon im finstern 
das bild vom lichten raum der entfaltung 
in sich tragen 
wer das vermag 
lebt  
  
     
• 
     
STERN     
vom himmel gefallener schrott 
unsrer hoffnung du stehst 
nicht mehr am firmament du 
bist auf der erde zerplatzt 
erkaltet 
VERGLÜHT 
hier aber - wer 
wollte das leugnen - bezeugst du: 
es gab 
einen himmel
     
 • 
     
 
     
 • 
     
KLEINE KOLLEKTION     
I   
der weiße stein 
vom hohen ufer der Marne 
der schliert 
sobald die hand feucht wird   
wir stehen knietief 
in weißem schlamm 
nichts bewegt sich 
schrieb der großvater heim 
bevor er im eigenen gasangriff 
umkam nun düngt er   
längst nicht mehr 
die Champagne     
II   
lava 
rote und schwarze vom Mont Taravera   
der schwiegersohn drückte sie mir in die hand 
auf dem einsamen gipfel 
der eifersucht nimm mir nicht 
meine frau   
ein vater hält doch sein kind nicht 
du hast sie verloren 
längst an sie selbst   
erkaltete eruption     
III   
ein pflasterstein aus dem domplatz 
frisch gesetzt vor der samtenen revolution 
die oberfläche geglättet 
von zigtausend füßen beherzter 
im kalten nachtlicht 
kerzenglanz spiegelnd noch immer   
und an der wange so sanft  
  
     
• 
     
WIE DIESER BAUM (in Erinnerung an Giuseppe Ungaretti)     
so gelassen 
so alt 
so verletzbar 
so sehr 
in der erde verwurzelt 
fügsam 
allein 
dem sturm   
lautlos 
sein ächzen 
seit langem   
sein weinen 
erweicht 
keinen stein   
es büßt nur 
wer lebt  
 
        
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